Dr. Rüdiger v. Luxburg 
Richtigstellungen zu meiner Person

Politik als Antagonismus zur Kultur


Mich als einen politischen Menschen einordnen zu wollen, verkennt völlig meinen Denkansatz: Ich stehe jenseits von Politik und Ideologie! Kultur und Politik sind für mich Antagonismen: Die Politik trennt in rechts–links, gut-böse, Freund-Feind… Damit grenzt sie aus, verachtet, zerstört. Die Kultur dagegen verbindet, versöhnt über die Grenzen hinweg. Ich stehe auf der Seite der Kultur, aus der heraus ich die Versöhnung der Welt beabsichtige. Wer dagegen alles verneint, sich lediglich als „Anti“ versteht, kann nur in der politischen Welt der Vernichtung und Zerstörung enden.


Im Grunde bildet dies die Kernaussage meines Wagner-Buches von 2013, dem das Nietzsche-Zitat vorangestellt ist: „Die Kultur und der Staat – man betrüge sich hierüber nicht – sind Antagonismen: ‚Kultur-Staat‘ ist bloß eine moderne Idee. Das eine lebt vom anderen, das eine gedeiht auf Unkosten des anderen. Alle großen Zeiten der Kultur sind politische Niedergangs-Zeiten: Was groß im Sinne der Kultur, war unpolitisch, selbst antipolitisch.“ (Götzendämmerung. Was den Deutschen abgeht, Nr. 4).

  

Der Staat, hier als Inkarnation des Politischen gesehen, bedarf also der Kultur, um das Trennende in ihm (und damit sich selbst) zu einer solidarischen Gemeinschaft zu überwinden.


Diesen anarchischen Gedanken formulierte zuerst Richard Wagner, der das Problem der Totalität des politischen Denkens in politischen Systemen erkennt. Sein Ziel, dem systemimmanenten Denken zu entfliehen, sieht er einzig in der Zerstörung des Politischen über die Kunst, was aber in einer "politischen Gesellschaft" unmöglich scheint: „So ist die Kunst des Dichters zur Politik geworden: Keiner kann dichten, ohne zu politisieren. Nie wird aber der Politiker Dichter werden, als wenn er eben aufhört, Politiker zu ein: in einer rein politischen Welt nicht Politiker zu sein, heißt aber so viel, als gar nicht existieren; wer sich jetzt noch unter der Politik hinwegstiehlt, belügt sich nur um sein eigenes Dasein. Der Dichter kann nicht eher wieder vorhanden sein, als bis wir keine Politik mehr haben.“ (Oper und Drama) Um diesen Zustand zu erreichen, bedarf es daher „seines“ Kunstwerkes, das – als Reflexionsfläche des Archetypischen im Menschen – jenseits von Politik und Ideologie stehend das Politische (und damit den Staat als Unterdrückungsmaschinerie) überwindet. Denn aus dem System heraus kann keine Überwindung des Systems erfolgen. Dass es Wagner nicht gelungen ist diesen Gedanken klar an Menschen zu vermitteln, die politischen Prämissen verhaftet sind, zeigt nicht zuletzt die politische Vereinnahmung Wagners von „rechts“ oder „links“.

Wagners Ziel, die Welt aus dem Kulturschaffen heraus zu revolutionieren und damit das politische Denken jenseits des Politischen zu überwinden, musste misslingen, denn die Allmacht des politischen Denkens formt die Hirne jener Menschen, denen eine Abstraktion ins Überpolitische nicht gelingt. Mit ihnen verhält es sich wie mit den Menschen in Platos „Höhlengleichnis“, die gefesselt mit Blick auf eine Höhlenwand gerichtet die zweidimensionalen Schatten als Realität begreifen. Ihnen ist die dreidimensionale Welt am Ausgang der Höhle hinter ihnen, die die Schatten bewirken, unbekannt. Erst das Drehen des Kopfes würde die Dreidimensionalität der Bilder im Tageslicht erkennen lassen, die die Schattenbilder evozierten (Politeia).

Die Überwindung des politischen Denkens über die Kunst ist also ein dialektischer Prozess, der jenseits von Politik und Ideologie das verbindende Prinzip der Menschen erkennbar und erlebbar macht. Insofern lässt sich dieser Ansatz zwar als „unpolitisch“, nicht aber als „nichtpolitisch“ bezeichnen, denn der Reflex aus der Bejahung des Unpolitischen (der Kunst) bewirkt automatisch die Zerstörung des Politischen. 

Dass das Prinzip des Politischen genuin im Trennenden liegt, das Prinzip von Kunst und Kultur jedoch im Einenden, dürfte unbestritten sein. Es findet einen schönen Ausdruck in der Anekdote des Besuchs von Theodore Roosevelt bei Kaiser Franz-Joseph im April 1910. Hier wird das Aufeinanderprallen von Kultur und Politik beschrieben: Auf die Frage Roosevelts, was der Zweck bzw. die Aufgabe der Monarchie sei, soll der Monarch des Vielvölkerstaates geantwortet haben: „Der Sinn meines Amtes ist es, meine Völker vor ihren Politikern zu schützen!“ Nur so lässt sich die Kunst frei entfalten und eine friedliche Koexistenz der Kulturen ermöglichen. Jedes politische Denken dagegen führt in eine Welt des Herrschens und Unterdrückens – bis hin zur Überwachung der Privatsphäre. Krieg und Hass wird auf diese Weise niemals überwunden.

Wer nun weiterhin mein Denken versucht aus einer politischen Sichtweise heraus zu begreifen, muss zwangsläufig scheitern. Das ist mir bewusst. So kann ich an die Medien nur appellieren, zumindest den Versuch zu unternehmen mein Denken ansatzweise nachzuvollziehen – oder es mit Wittgenstein zu halten: „Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ (Tractatus logico philosophicus).

Es bleibt mir nur noch einmal explizit klarzustellen: Als kulturschaffender Intellektueller stehe ich weder "rechts" noch "links". Ich lasse mich niemals vor einen politischen Karren spannen. Dazu bin ich zu selbständig und unabhängig im Denken. Jenseits von politischem und ideologischem Denken versuche ich allein über die Kultur Freude in die Welt zu bringen. 
 
Wer dies nicht versteht, soll in seiner kleinen politischen Welt bleiben und in seinem banalen „rechts-links-Schema“ verharren. Dem ist nicht mehr zu helfen. Wer es aber fassen kann, der fasse es (Mt 19,12). Mich in die „rechte Ecke“ stellen zu wollen, wie in den Medien geschehen, liegt jedenfalls völlig daneben.